Weil ich aktuell wieder über diese Frage gestolpert bin und mich in der letzten Zeit schon in mehreren Unterhaltungen über dieses Thema damit beschäftigt hab, fasse ich hier meine Gedanken und Erfahrungen kurz zusammen:
Kastration eines Rüden? Ich würde auf jeden Fall individuell entscheiden. Pubertät abwarten, sowieso abwarten bis der Rüde 2,5-3 Jahre alt ist (selbst in diesem halben Jahr zwischen 2,5 und 3 Jahren kann sich entwicklungsmäßig noch eine Menge tun, was durch eine frühzeitige Kastration beeinflusst werden würde).
Durch die Pubertät muss man als Hundebesitzer durch, schließlich hat man sich für einen Rüden entschieden und sollte dementsprechend vorher bedacht haben, dass ein halbstarker Rüde in der Pubertät nicht unbedingt ein Musterschüler ist.
Die Pubertät ist nun mal die Zeit des Erwachsenwerdens, wo der Hundemann seine Möglichkeiten und Grenzen auslotet und lernt, wo er später im Erwachsenenleben steht.
Mein erster Rüde (Jagdterrier-Mix) war „out of order“ sobald irgendwo im Ort eine Hündin läufig war. Er hat meine Stofftiere durchgerammelt und saß dann jankernd und zitternd vor der Haustür und hat jede Gelegenheit genutzt abzuhauen. Mit dem Ergebnis, dass er eines Tages „on Tour“ überfahren wurde.
Mein Fazit: Er war DER Kandidat für eine Kastration, das hätte ihm das Leben gerettet.
Mein zweiter Rüde (Dobermann-Weimaraner-Mix) war schon als Welpe der Rambo in der Welpenstunde, rüpelig, aufgedreht und auf Krawall gebürstet. Den hab ich dann gleich kastrieren lassen im zarten Alter von 7 Monaten oder so. Würde ich auch nie wieder machen lassen. Denn das Resultat war, dass er sein Leben lang ein recht unsicherer Rüde war… dem hat die Pubertät definitiv gefehlt. Und krawallig war er trotzdem, was andere Hunde anging. Mein Fazit: die zweite falsche Entscheidung meinerseits.
Mein dritter Rüde (Dalmatiner mit ZZL) war auch kein Musterschüler während der Pubertät, verliebte sich hier und da mal, aber nicht in jeden Hund, sondern nur vereinzelt, hatte aber auch nie Stress mit anderen Rüden. Kann mich nur an einmal erinnern, wo er auf einen anderen gleichalten Rüden traf und die beiden das kurz mal „klären“ wollten, aber das haben wir (die Hundebesitzer) lieber selbst geklärt und unseren Hunden erklärt, dass wir andere Wege gehen ;)
Der Bursche hat jetzt einige Male gedeckt und „weiß, was Sache ist“. Er lebt mit einer ebenfalls unkastrierten Hündin zusammen und es ist selbst in der Läufigkeit recht entspannt – mit Ausnahme der 3-5 Stehtage der Hündin. Da würde ich ihn dann am liebsten zum Mond schießen. Wobei es sich auf Jankern und Fiepen beschränkt und nicht so ausufert wie ich es schon von anderen Rüden gehört hab (Futterverweigerung etc).
Mein Fazit: Absolut so, wie es sein sollte, alles im grünen Bereich.
Und hier hab ich auch festgestellt, dass sich bei der körperlichen Entwicklung auch noch SEHR VIEL tut zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr. Und im Kopf ebenfalls. Schon allein aus dem Grund würde ich auf jeden Fall bis zum 3. Lebensjahr warten mit der Kastration. Und selbst dann noch mal genau drauf schauen, ob die Kastration wirklich die Lösung der Probleme ist und nicht doch was anderes.
Ausnahme: Klar würde ich auch früher kastrieren, wenn es eine medizinische Notwendigkeit wäre – aber auch nur dann.
Kurz gesagt: Kastration nur wenn UNBEDINGT nötig und nicht anders zu vermeiden, und NICHT vor dem 3. Geburtstag (so in etwa als Richtlinie).